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Vermietung von unbeweglichem Vermögen unter Marktmiete

Vermietung von unbeweglichem Vermögen unter Marktmiete

Jurisprudence
Direkte Steuern

Vermietung von unbeweglichem Vermögen unter Marktmiete

2C_187/2017, 2C_189/2017

Die Eheleute A und B sind im Kt ZH unbeschränkt steuerpflichtig. Der Ehemann ist Alleinaktionär und alleiniges Mitglied des Verwaltungsrates der D AG mit statutarischem Sitz im Kt ZH. Er hält die Beteiligung in seinem Privatvermögen. Die D AG hat an ihrem Sitz seit dem Jahr 1997 Büros etc. angemietet. Über den grössten Teil der Räumlichkeiten unterhält sie seit langer Zeit mit Dritten Untermietverhältnisse. Die Untermieter nutzen die Lokalitäten zu geschäftlichen Zwecken. Aus der Untervermietung resultierten Untermietzinse von rund CHF 155'000.-- pro Jahr, was der Grössenordnung der von der D AG zu entrichtenden Mietzinse entsprach. Aus diesem Grund entstand in den Büchern der Gesellschaft aus der Untervermietung kaum ein Gewinn. 

Eigentümerin und Vermieterin der Räumlichkeiten war bis zum 1. Juni 2007 die von der D AG unabhängige E AG. Zu diesem Zeitpunkt ging das Eigentum an B über, die das Objekt ihrem Privatvermögen zuwies. Gestützt auf einen neuen unbefristeten Mietvertrag schuldete die D AG in der hier interessierenden Steuerperiode 2012 einen Jahresmietzins von rund CHF 50'000.--. Im selben Zeitraum erlangte sie unveränderte Untermietzinse von rund CHF 155'000.--. Entsprechend ergab sich auf Ebene der D AG aus diesem Geschäft ein Ertragsüberschuss von rund CHF 105'000.-- bzw. eine Bruttogewinnmarge von gut 68 Prozent. Die eigentliche operative Geschäftstätigkeit hatte sie schon im Jahr 2007 weitgehend eingestellt. Aus den Geschäftsjahren 2004/2005 bis 2010/2011 bestanden am 30. Juni 2012 kumulierte Verluste von rund CHF 2'400'000.--, die steuerlich noch nicht verrechnet werden konnten. Ebenfalls am 30. Juni 2012 hatte die Gesellschaft ein Darlehen des Alleinaktionärs von rund CHF 1'200'000.-- passiviert. 

Mit Veranlagung zur Steuerperiode 2012 rechnete das KStA ZH auf Ebene der Eheleute die Mietzinsdifferenz von CHF 105'835.-- auf. Die Veranlagungsbehörde begründete ihr Vorgehen damit, dass der Mietzins nur knapp einem Drittel des gemäss Drittvergleich möglichen Untermietzinses entspreche. Nach einer Weisung des Regierungsrats des Kt ZH soll bei "eigener Nutzung von Geschäftsräumen im eigenen Stockwerkeigentum" der Mietwert jenem Mietzins entsprechen, der - würde das Objekt vermietet - von einem Dritten erhältlich wäre. Entsprechend sei die nicht realisierte Differenz von rund CHF 105'000.-- auf Ebene Ehegatten als Einkommen aus unbeweglichem Vermögen aufzurechnen. Mit Blick auf den Mietvertrag zwischen der Ehefrau und der Gesellschaft liege zudem eine Steuerumgehung vor. Die Einsprachen der Steuerpflichtigen und die Rechtsmittel an die kantonalen Gerichte blieben erfolglos.

Die natürlichen und juristischen Personen können ihre steuerlichen Angelegenheiten grundsätzlich frei gestalten, was bedeutet, dass nur jene Einkünfte besteuert werden können, die sich bei freier Gestaltung der Verhältnisse tatsächlich ergeben haben ("Ist-Prinzip"). Die bloss möglichen oder denkbaren, aber nicht erzielten Einkünfte bleiben daher grundsätzlich unerheblich (E. 2.2.3). Soll im Privatvermögen dennoch eine Aufrechnung erfolgen, setzt dies voraus, dass die im Abgaberecht geltenden erhöhten Anforderungen an das Legalitätsprinzip vorliegen (E. 2.2.4).

Mangels gesetzlicher Grundlage darf die Differenz, die zwischen tatsächlich vereinnahmtem Mietzins und höherem Mietwert besteht, dem Grundeigentümer nicht zugerechnet werden. Vorbehalten bleibt die Steuerumgehung. Eine solche wird bei Vorzugsmietzinsen an Verwandte vermutet, wenn der Mietzins weniger als die Hälfte des Mietwerts beträgt, weil diesfalls eine dem Eigengebrauch nahekommende Lage anzunehmen ist (E. 2.4.1). Soll das Grundstück aber mit dem Eigenmietwert erfasst werden, setzt dies zwingend voraus, dass das Objekt der steuerpflichtigen Person aufgrund von Eigentum oder eines unentgeltlichen Nutzungsrechts "für den Eigengebrauch zur Verfügung steht" (E. 2.5.2). Dies ist vorliegend nicht der Fall, da der Zugriff der Eigentümerin (als Vermieterin) und der D AG (als Untervermieterin) auf das Objekt mit Blick auf die seit langer Zeit bestehenden Untermietverträge war sowohl faktisch als auch rechtlich stark beschränkt war (E. 2.5.5). Wenn damit Fremd- und nicht Eigennutzung vorliegt, scheidet eine auf Art. 21 Abs. 1 lit. b DBG gestützte "Soll-Besteuerung" aus.

Vorliegend ist der Steuerumgehungstatbestand nach Auffassung des BGr aus anderen Gründen gegeben: Die Vertragskonditionen ermöglichten der D AG im Geschäftsjahr 2011/2012 einen Mittelzufluss von rund CHF 105'000.-- netto. Diesen konnte sie verwenden, um einen Teil des ansonsten in hohem Masse gefährdeten Aktionärsdarlehens von CHF 1'200'000.-- zurückzuführen. Mithilfe dieser Struktur gelang es den Eheleuten, steuerbare Mietzinse in eine steuerfreie Amortisation umzuwandeln. Die gewählte Rechtsgestaltung ist nicht nur ungewöhnlich ("insolite") und aufgrund des Missverhältnisses zwischen Miet- und Untermietzins den wirtschaftlichen Gegebenheiten völlig unangemessen. Neben diesem objektiven Element der Steuerumgehung sind auch die anderen Voraussetzungen erfüllt (E. 2.6.4). Die Beschwerde war daher abzuweisen.

iusNet StR 27.04.2020