Emissionsabgabe bei Kapitalerhöhung
Emissionsabgabe bei Kapitalerhöhung
Emissionsabgabe bei Kapitalerhöhung
2C_1071/2018
Die A AG hat Sitz in U. und V. und betreibt eine Bank. Sie ist an der Börse kotiert. Mit Prospekt vom 29. September 2014 unterbreitete sie ihren Aktionären das Angebot, ihre Aktien gegen solche der A Group AG zu tauschen. Die für diesen Zweck erforderlichen Aktien würden von der A Group AG durch ordentliche Kapitalerhöhung geschaffen. Nach den Angaben im Prospekt bezweckten die A Group AG und die A AG mit dem Umtauschangebot die Schaffung einer Struktur, in welcher die A Group AG 100 % der Aktien der A AG halten würde. Damit sollte die Abwicklungsfähigkeit der Gruppe A mit Blick auf bankenaufsichtsrechtliche Anforderungen verbessert werden. Im Angebotsprospekt wurde überdies festgehalten, die A Group AG habe im Sinn, eine Kraftloserklärung der restlichen Beteiligungspapiere (sog. börsenrechtlicher Squeeze-out) zu veranlassen, wenn sie im Rahmen des Umtauschangebots zumindest 98 % aller ausgegebenen Aktien der A AG erwerben könne. Werde diese Schwelle nicht erreicht, gelinge aber zumindest der Erwerb von 90 % der Aktien, werde voraussichtlich eine Fusion unter Abfindung (sog. Squeeze-out-Fusion) zwischen der A AG und der B durchgeführt; die B sei eine zu 100 % von der A Group AG gehaltene Tochtergesellschaft und werde die Transaktion überleben.
Anlässlich des eben erläuterten Umtauschprogramms gelang es der A Group AG, 97.3 % der Aktien der A AG zu erwerben. Die für diese Konstellation angekündigte Squeeze-out-Fusion wurde in der Folge nicht durchgeführt, weil sie den Untergang der A AG zur Folge gehabt hätte und damit ein Teil der von der A AG weltweit gehaltenen Banklizenzen verloren gegangen wäre. Um den für einen börsenrechtlichen Squeeze-out erforderlichen Schwellenwert von 98 % der Stimmrechte doch noch zu erreichen, beschloss die Generalversammlung der A AG am 7. Mai 2015 zum einen eine Ausschüttung pro Aktie von, nach Wahl jedes Aktionärs, entweder CHF 0.50 in bar aus Kapitaleinlagereserven oder einer Anzahl neuer A AG-Aktien, die so zu bestimmen ist, dass sie im Wesentlichen CHF 0.50 entspricht. Zum anderen beschloss sie, ein neues bedingtes Kapital im Betrag von höchstens CHF 5'000'000 zum Zwecke der Bar- oder Titeldividende zu schaffen.
Gemäss Art. 6 Abs. 1 lit. a bis StG sind von der Emissionsabgabe ausgenommen "Beteiligungsrechte, die in Durchführung von Beschlüssen über Fusionen oder diesen wirtschaftlich gleichkommende Zusammenschlüsse, Umwandlungen und Spaltungen von Aktien¬gesell¬schaften (...) begründet oder erhöht werden". Der Begriff des "wirtschaftlich einer Fusion gleichkommenden Zusammenschlusses von Gesellschaften" (bzw. der "Quasi-Fusion") wird im StG nicht näher umschrieben. Die Rechtsprechung hat den Begriff aber dahingehend konkretisiert, dass eine "Zusammenführung von Unternehmen zu einer engen wirtschaftlichen Einheit unter Wahrung der rechtlichen Identität der einzelnen Unternehmen" vorliegen muss. Erforderlich ist, dass die übernehmende Gesellschaft nach der Übernahme mindestens 50 % der Stimmrechte der übernommenen Gesellschaft hält und den Gesellschaftern an der übernommenen Gesellschaft höchstens 50 % des effektiven Werts der übernommenen Beteiligungsrechte gutgeschrieben oder ausbezahlt wird; von der bundesgerichtlich bestätigten Verwaltungspraxis wird weiter vorausgesetzt, dass bei der übernehmenden Gesellschaft eine Kapitalerhöhung unter Ausschluss der Bezugsrechte der bisherigen Gesellschafter vorgenommen wird (E. 4.1).
Aufgrund der im Stempelabgaberecht massgeblichen formell-zivilrechtlichen Betrachtungs-weise könnte man vorliegend mit guten Gründen die Auffassung vertreten, die für die Bemessung der Emissionsabgabe massgebliche Ausgabe von Wertpapieren sei in der Zeichnung der Aktien der Steuerpflichtigen durch die A.B AG zu erblicken. Mit Erfüllung der Einlagepflicht hat die A.B AG nämlich die üblichen Aktionärsrechte erlangt, ohne dass weitere Formalitäten seitens der A AG nötig gewesen wären. Dies gilt unbesehen des Umstandes, dass die A.B AG das Geld für die Zeichnung der Aktien von der A AG als Darlehen zur Verfügung gestellt bekommen hat. Vor diesem Hintergrund ist unklar, worauf sich die ESTV abstützt, wenn sie behauptet, die A.B AG habe "faktisch nie Eigentum an den von ihr gezeichneten Aktien" erhalten.
Ginge man im Sinne dieser Überlegungen davon aus, die Ausgabe der neu geschaffenen Aktien von der A AG an die A.B AG sei der durch die Emissionsabgabe besteuerte Vorgang, hätte die A AG nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz im Gegenzug zur Ausgabe der Aktien von der A.B AG nur den Nennwert dieser Aktien erhalten. Auf diesem Wert wäre dann auch die Emissionsabgabe zu bemessen (Art. 8 Abs. 1 lit. a StG). Eine davon abweichende emissionsabgaberechtliche Behandlung des Geschäfts käme nur in Betracht, wenn der Steuerpflichtigen der Vorwurf gemacht werden könnte, sie habe die A.B AG für die Auszahlung der Titeldividende nur deshalb zwischengeschaltet, um Steuern zu umgehen. Die Vorinstanz hat jedoch festgestellt, eine Absicht zur Steuerumgehung sei vorliegend nicht erstellt. Für das Bundesgericht besteht damit kein Anlass, von den vorinstanzlichen Feststellungen abzuweichen (E. 5.3).
Zu beachten ist allerdings, dass die A.B AG die Aktien der Steuerpflichtigen von allem Anfang an nur "treuhänderisch" gezeichnet hat, mit dem Ziel (und der schuldrechtlichen Verpflichtung), sie auf die Steuerpflichtige zurück zu übertragen, damit diese die Aktiendividende würde auszahlen können. Funktionell weist das gewählte Vorgehen eine gewisse Nähe auf zu einem Festübernahmeverfahren, bei dem die Emissionsabgabe nach einhelliger Lehre ausgehend vom Platzierungs- oder Bezugspreis zu berechnen ist. Vor diesem Hintergrund könnte man in Erwägung ziehen, den vorliegend der Emissionsabgabe unterstehenden Vorgang in der Übertragung der neu geschaffenen Aktien von der Steuerpflichtigen auf die Aktionäre zu erblicken. Teilte man diese (von der ESTV und der Steuerpflichtigen aus unterschiedlichen Gründen vertretene) Auffassung, fiele ausser Betracht, die technisch-formale Ausstellung der Wertpapiere und die in diesem Zusammenhang erfolgte Zahlung des Nennwerts von der A.B AG an die A AG für die Bemessung der Emissionsabgabe zu berücksichtigen; bemessen würde die Emissionsabgabe vielmehr danach, was der Steuerpflichtigen vonseiten ihrer Aktionäre für die Ausgabe der Aktien zugeflossen ist. Auch bei einer solchen (wirtschaftlichen) Betrachtungsweise änderte sich aber - wie nachfolgend aufzuzeigen ist - nichts daran, dass vorliegend höchstens der Nennwert der neu geschaffenen Aktien mit der Emissionsabgabe zu besteuern wäre (E. 5.4).
Bundesrechtlich nicht zu beanstanden ist in diesem Zusammenhang die vorinstanzliche Würdigung, mit dem GV-Beschluss vom 7. Mai 2015 sei eine Wahlobligation im Sinne von Art. 72 OR begründet worden (…). Die Dividendenansprüche der Aktionäre gegenüber der Steuerpflichtigen waren also erst mit Ablauf der Wahlausübungsfrist am 21. Mai 2015 genauer bestimmt, und spiegelbildlich stand für die Steuerpflichtige auch erst in diesem Zeitpunkt fest, welchen Aktionären sie die Bardividende und welchen Aktionären sie die Titeldividende würde ausrichten müssen. Unabhängig davon, wie der Vorgang verbucht worden ist, bestand damit zivilrechtlich betrachtet für jene Aktionäre, welche letztlich die Titeldividende wählten, zu keinem Zeitpunkt ein Anspruch auf Ausrichtung einer Bardividende (E. 5.4.1).
Wenn die Aktionäre, die letztlich die Titeldividende wählten, gestützt auf den GV-Beschluss vom 7. Mai 2015 nie über einen Anspruch auf Ausrichtung einer Bardividende verfügten, konnten sie damit aber auch nicht im Rahmen einer (von der ESTV zumindest sinngemäss postulierten) Verrechnungsliberierung neue Aktien der Steuerpflichtigen zeichnen (E. 5.4.2).
Anders wäre der vorliegende Fall zu beurteilen gewesen, wenn die Aktionäre der Steuerpflichtigen auf die Auszahlung einer fälligen Dividende verzichtet hätten; darin wäre ein Forderungsverzicht zu erblicken gewesen, und insoweit hätte auch ein steuerbarer Zuschuss vorgelegen. Vorliegend ist nach dem oben Ausgeführten aber davon auszugehen, dass die Ausgabe der Aktien durch die Steuerpflichtige gegenleistungslos erfolgt ist (E. 5.4.3).
Bei Art. 6 Abs. 1 lit. h StG handelt es sich entgegen der Annahme der Vorinstanz nicht um eine Freigrenze, sondern um einen Freibetrag, der insgesamt nur einmal "verbraucht" werden kann. Wie die ESTV weiter zutreffend darlegt, hat die Steuerpflichtige diesen Betrag schon mit der Kapitalerhöhung vom 19. Mai 1998 überschritten. Für die vorliegend strittige Ausgabe von Aktien ist die Emissionsabgabe deshalb auf dem Betrag von CHF 1'384'755 zu bemessen und beträgt die Emissionsabgabe CHF 13'847.55. Der Eventualantrag der ESTV ist daher gutzuheissen (E. 6).