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Rückerstattung der Verrechnungssteuer

Rückerstattung der Verrechnungssteuer

Jurisprudence
Verrechnungssteuer

Rückerstattung der Verrechnungssteuer

2C_1110/2018

In seiner Steuererklärung 2016 vom 14. Juli 2017 deklarierte A. 100 % des Stammkapitals der B. Sàrl (nachfolgend "Gesellschaft"), d.h. 100 Stammanteile zu einem Steuerwert von insgesamt CHF 804'200. Diesbezüglich hat er jedoch keine verrechnungssteuerpflichtigen Bruttoeinkünfte angegeben. Auf Ersuchen der KStV GE übermittelte A. am 2. Oktober 2017 einen Kontoauszug seiner Bank, welcher eine Dividende von CHF 247'000 (CHF 380'000 abzüglich der Verrechnungssteuer von 35 %), die er am 1. März 2016 erhalten hatte, auswies.

In der Steuerveranlagung 2016 vom 23. Oktober 2017 verweigerte die KStV GE die Rückerstattung der Verrechnungssteuer von CHF 130'000, welche auf die Dividende von CHF 380'000 erhoben wurde, da der Steuerpflichtige dieses Einkommen nicht spontan deklariert hatte. Die KStV GE und das Genfer Verwaltungsgerichts erster Instanz (Tribunal administratif de première instance; nachfolgend "TAPI") wiesen die dagegen erhobenen ab.

Daraufhin legte A. beim Bundesgericht Beschwerde ein und beantragte im Wesentlichen die Aufhebung des Urteils des TAPI und die Rückerstattung der auf der Dividende vom 1. März 2016 erhobenen Verrechnungssteuer von CHF 130'000. Das Verfahren wurde am 14. Dezember 2018 ausgesetzt, wobei die Parteien aufgefordert wurden, sich über den Ausgang des Rechtsstreits zu äussern, unter der Annahme des Inkrafttretens der Änderung des VStG vom 23. September 2018.

Das BGr weist darauf hin, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich zur Rückerstattung der Verrechnungssteuer berechtigt ist (Art. 21 Abs. 1 lit. a und 22 Abs. 1 VStG). Die Streitfrage dreht sich darum, ob der Beschwerdeführer sein Recht auf Rückerstattung verwirkt hat (E. 3).

Das BGr führt zunächst aus, dass diese Frage nach Art. 23 VStG in seiner neuen Version vom 1. Januar 2019 geprüft werden muss. Das Ziel dieser neuen Regel ist es, die altrechtliche Praxis zu lockern und eine Doppelbesteuerung (Kumulation von Einkommensteuer und Verrechnungssteuer) zu vermeiden. Das neue Recht ist auf den vorliegenden Fall anwendbar, da der Antrag auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer nach dem 1. Januar 2014 gestellt wurde und der Entscheid betreffend diese Rückerstattung noch nicht in Kraft getreten ist (Art. 70d VStG).

Auf dieser Grundlage stellt das BGr fest, dass die zweite Voraussetzung des Art. 23 Abs. 2 VStG erfüllt ist, da das der Verrechnungssteuer unterliegende Einkommen von der KStV GE berücksichtigt wurde und die fragliche Steuerveranlagung noch nicht in Kraft getreten war. Das BGr musste jedoch auch über die erste in Art. 23 Abs. 2 VStG festgelegte Bedingung entscheiden, wonach es erforderlich ist, dass die Unterlassung der Einkommensdeklaration auf Fahrlässigkeit zurückzuführen ist.

Mit Hinweis auf die Definitionen von Vorsatz und Fahrlässigkeit, die in Bezug auf eine Steuerhinterziehung entwickelt wurden (E. 4.1), gelangt das BGr zur Auffassung, dass die Sachverhaltselemente des angefochtenen Urteils und der vorliegenden Akten es erlauben, eine fahrlässige Unterlassung anzunehmen (E. 4.2).

Das BGr hat die folgenden Gründe vorgebracht, um eine fahrlässige Unterlassung anzunehmen (E. 4.3). Zunächst hat der Beschwerdeführer der KStV GE mitgeteilt, dass er 2016 eine ausserordentliche und der Verrechnungssteuer unterliegende Dividende erhalten werde. Er hat zudem im Wertschriftenverzeichnis der Steuererklärung seine Beteiligung an der Gesellschaft deklariert und hat das Feld für steuerbare Erträge nicht ausgefüllt, anstatt CHF 0 anzugeben oder das Feld durchzustreichen. Weiter deklarierte die Gesellschaft, bei welcher der Beschwerdeführer der geschäftsführende Gesellschafter war, der ESTV gegenüber die beschlossene und bezahlte Dividende sowie die abgeführte Verrechnungssteuer. Die relevante Dividendenausschüttung wurde auch in der Jahresrechnung und der Steuererklärung 2015 der Gesellschaft offengelegt. Das BGr stellt im Übrigen fest, dass "entgegen der Auffassung der ESTV, die Bedeutung der nicht deklarierten Dividende von CHF 380'000 in Bezug auf das im Jahr 2016 angegebene gesamte Bruttoeinkommen von etwas mehr als CHF 400'000 nicht ausreicht, darauf zu schliessen, dass eine vorsätzliche Unterlassung vorliegt."(E. 4.3).

Vor diesem Hintergrund ist das BGr zum Schluss gekommen, dass die Voraussetzungen von Art. 23 VStG erfüllt sind. Der Beschwerdeführer hat daher seinen Anspruch auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer, welche auf der am 1. März 2016 ausgeschütteten Dividende von CHF 380'000 erhoben wurde, nicht verwirkt (E. 4.4). Infolgedessen heisst das BGr die Beschwerde von A. gut und weist die ESTV an, die Rückerstattung der Verrechnungssteuer von CHF 130'000 vorzunehmen. Diese Rückerstattung kann entweder direkt oder als Anrechnung an die definitive Steuerrechnung für die Steuerperiode 2016 erfolgen (E. 5.1).

iusNet StR 22.07.2019