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Anwaltskosten für die Durchsetzung von nachehelichen Unterhaltszahlungen sind keine Gewinnungskosten

Anwaltskosten für die Durchsetzung von nachehelichen Unterhaltszahlungen sind keine Gewinnungskosten

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Direkte Steuern

Anwaltskosten für die Durchsetzung von nachehelichen Unterhaltszahlungen sind keine Gewinnungskosten

2C_382/2021

Die im Kt. GE wohnhafte A trennte sich im August 2014 von ihrem Ehemann, mit dem sie drei Kinder hat.

Es folgten ein Eheschutzverfahren vor den GE-Gerichten; ein Arrestverfahren vor dem Regionalgericht BE Oberland zur Eintreibung der ausstehenden Alimente; ein Antrag des Ehemannes vor den GE-Instanzen auf Aufhebung der Alimente; sowie ein Scheidungsverfahren vor den Gerichten von Brescia/Italien, das mit Urteil vom 5. Juli 2018 abgeschlossen wurde.

In ihrer Steuererklärung 2017 deklarierte A die erhaltenen Alimente in Höhe von CHF 223'736 und machte gleichzeitig Anwaltskosten im Zusammenhang mit der Durchsetzung der besagten Beiträge als Gewinnungskosten in Höhe von CHF 320'908 geltend.

Die KStV GE veranlagte die deklarierten Alimente als Einkommen, verweigerte aber den Abzug der Anwaltskosten. Im Rahmen der kantonalen Rechtsmittelverfahren gewährte die KStV GE der A schliesslich einen Abzug von CHF 54'919.

Nach einem bis zur letzten kantonalen Instanz geführten Verfahren reichte die KStV GE beim BGr Beschwerde ein.

Das BGr stellt zunächst fest, dass ein Steuerpflichtiger weder die Kosten für seinen Unterhalt und den seiner Familie (Art. 34 lit. a DBG) noch die Leistungen, die in Erfüllung einer familienrechtlichen Unterhalts- oder Unterstützungspflicht erbracht werden (Art. 33 Abs. 1 lit. c DBG), abzugsfähig sind. Auf der anderen Seite sind solche Leistungen beim Empfänger steuerbefreit. Diese Regelung beruht auf dem Grundsatz, dass Geldflüsse steuerrechtlich nicht erfasst werden, wenn sie innerhalb der Familiengemeinschaft stattfinden. Daher werden Leistungen, die ein Steuerzahler in Erfüllung einer familienrechtlichen Unterhalts- oder Unterstützungspflicht erhält, steuerrechtlich grundsätzlich nicht als Einkommen behandelt (E. 5.2).

In Abweichung davon sieht Art. 23 lit. f DBG jedoch vor, dass Unterhaltszahlungen, die ein geschiedener, gerichtlich oder tatsächlich getrenntlebender Steuerpflichtiger für sich selbst oder für die Kinder, für die er die elterliche Sorge trägt, zu versteuern sind. Gleichzeitig sind diese Zahlungen beim zahlenden Pflichtigen abzugsfähig (Art. 33 Abs. 1 lit. c DBG) (E. 5.3).

Die Ausnahmeregelung von Art. 33 Abs. 1 lit. c DBG ist aus steuersystematischen Gründen restriktiv auszulegen. Die Ausnahmeregelung der Art. 23 lit. f und 3 Abs. 1 lit. c DBG zielt darauf ab, die Steuerlast auf dem Einkommen zu verteilen, das vom Schuldner auf der Grundlage einer spezifischen wirtschaftlichen und rechtlichen Verbindung erworben wurde, die zwischen den ehemaligen Ehegatten fortbesteht. Unterhaltsbeiträge, die steuerpflichtig sind, stellen daher besondere Einkünfte dar, die sich durch ihre Merkmale von anderen Einkünften unterscheiden (E. 5.4).

Bei den nach Art. 25 DBG abziehbaren Gewinnungskosten handelt es sich um Kosten, die der Steuerpflichtige nicht vermeiden kann und die im Wesentlichen auf die Erzielung des Einkommens, das zu versteuern ist, zurückzuführen sind oder durch dieses verursacht werden. Zwischen den Kosten, deren Abzug beantragt wird, und dem steuerbaren Einkommen muss ein direkter und enger Zusammenhang bestehen (E. 6.2).

Das BGr hatte noch nie darüber zu entscheiden, ob die Generalklausel von Art. 25 DBG den Abzug von Anwaltskosten, die durch ein Verfahren zur Durchsetzung von Unterhaltsbeiträgen entstanden sind, als Gewinnungskosten zuzulassen sind (E. 6.4). 

In casu ist das BGr der Ansicht, dass Anwaltskosten, die zur Erlangung eines Unterhaltsbeitrags aufgewendet werden, keine abzugsfähigen Gewinnungskosten i.S.v. Art. 25 DBG darstellen. Verfahren im Bereich des Eherechts sind häufig dadurch gekennzeichnet, dass sie alle Fragen regeln, die sich aus der Beendigung des gemeinsamen Lebens ergeben. Die Vielzahl der sich stellenden Rechtsfragen verhindert die Herstellung eines direkten und engen Zusammenhangs zwischen den Anwaltskosten und der Einkommenserzielung durch die Unterhaltsbeiträge. In solchen Verfahren ist es nicht möglich, zwischen den Kosten für Unterhaltsbeiträge und jenen für nicht-vermögensrechtliche Fragen (Zuweisung der Familienwohnung, Schicksal der Kinder etc.) bzw. für vermögensrechtliche Aspekte, die steuerrechtlich nicht als Einkommen erfasst werden (Auflösung des Güterstandes, Verteilung von Guthaben aus der beruflichen Vorsorge), zu unterscheiden (E. 6.5).

Die Beschwerde der KStV GE wird daher gutgeheissen.

iusNet StR 21.02.2023