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Zeitpunkt der Realisation von Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit

Zeitpunkt der Realisation von Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit

Rechtsprechung
Direkte Steuern

Zeitpunkt der Realisation von Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit

2C_424/2021

AA war bis Dezember 2013 als selbstständiger Rechtsanwalt in der Kanzlei C in Genf tätig, bis diese in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wurde und im April 2014 mit der D AG mit Hauptsitz in Zürich fusionierte. Ab 2012 war er zusammen mit anderen Anwälten von der Familie E mandatiert.

Mit Schreiben vom 17. April 2015 an die StV GE erklärte AA, dass ihm aufgrund einer Ende 2014 getroffenen Vereinbarung eine Vergütung von CHF 2'109'152 zusteht. Nach Abzug verschiedener an die Kanzlei gezahlter Kosten in Höhe von CHF 57'231.60 verblieb ihm ein Betrag von CHF 2'051'920.45, der wie folgt aufgeteilt werden sollte:  CHF 251'920 zugunsten der D AG für ihre nach der Fusion entfalteten Tätigkeit, CHF 1'037'000 zu seinen Gunsten, CHF 221'000 für jeden seiner drei ehemaligen Partner und CHF 100'000 für einen Mitarbeiter der Kanzlei. Er beantragte, dass die Vergütung von CHF 1'800'000 ausnahmsweise als Einkommen aus einer unabhängigen Nebentätigkeit qualifiziert, die nicht in die Vergütung der fusionierten D AG einfliesst, da die Vereinbarung vor der Fusion der Kanzlei erfolgte und verschiedene damit verbundene Kosten nicht vollständig abgezogen werden konnten.

Mit E-Mail vom 30. November 2015 ersuchte AA die StV GE um Stellungnahme, damit er und seine ehemaligen Partner im Rahmen der Kanzlei C diese Einkünfte im Jahr 2015 formell im eigenen Namen unter Anwendung der vereinbarten Vergütungsmethode beziehen  können. Im Anschluss an eine zweite Erinnerungs-E-Mail bestätigte die StV GE am 7. Dezember 2015, dass sie die Besteuerung als nebenberufliche selbstständige Tätigkeit akzeptiere.

In seiner Steuererklärung 2014 vom 7. Dezember 2015 deklarierte AA ein Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit von CHF 28'709. Mit Schreiben vom 8. April 2016 bestätigte die StV GE, dass die im Jahr 2014 in der "Causa F" erhaltenen Honorare als aus selbstständiger Erwerbstätigkeit stammend gelten. In seiner am 23. Januar 2017 eingereichten Steuererklärung 2015 deklarierte AA unter anderem ein Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit in Höhe von CHF 38'093 und unter der Rubrik "sonstiges Einkommen" einen Betrag in Höhe von CHF 895'343, welcher die "Causa F" betraf. Zudem zog er einen im Jahr 2015 getätigten Einkauf in die berufliche Vorsorge in Höhe von CHF 1'226'768 ab.

Mit Verfügung vom 9. Mai 2019 vertrat die StV GE die Ansicht, dass AA im Jahr 2014 einen festen und definitiven Anspruch auf seine Vergütung in der "Causa F" erworben hatte. Der kantonale Instanzenzug blieb erfolglos.

Streitig war, ob die Vergütung aus der "Causa F" im Jahr 2014 zugeflossen ist, wie die Vorinstanz argumentiert, oder im Jahr 2015, wie die Ehegatten AA geltend machen, die in diesem Jahr einen grossen Vorsorgeeinkauf zugunsten der zweiten Säule des Beschwerdeführers getätigt haben (E. 2.1).

Das BGr erinnert zunächst an die Argumentation der Vorinstanz, wonach unbestritten ist, dass die "success fee" im Jahr 2014 auf das Konto der Kanzlei von AA überwiesen wurde und dass die Bankauszüge zu diesem Konto den AA als alleinigen Inhaber auswiesen. Zudem ging aus dem von AA am 17. April 2015 verfassten Ruling-Antrag hervor, dass ihm aufgrund der Ende 2014 getroffenen Vereinbarung eine Vergütung von CHF 2'051'920.45 zustand, und dass er im Rahmen dieser Vereinbarung CHF 1'037'000 behalten konnte, während der Rest auf seine drei ehemaligen Partner und einen Mitarbeiter aufgeteilt werde. Aus einem Schreiben ging zudem hervor, dass unter den ehemaligen Partnern eine Praxis bestanden habe, wonach bei Erhalt einer "success fee" der betreffende Partner 50 % davon mit den anderen Partnern teilt (E. 2.2).

Die Vorinstanz führte weiter aus, dass die Tatsache, dass AA im Jahr 2014 ein auf seinen Namen lautendes Sonderkonto für den Empfang der "success fee" eröffnete, zeige, dass er die Kontrolle über die Verteilung der "success fee" behalten hat. AA war nach Ansicht der Vorinstanz somit im Jahr 2014 in den Besitz des Betrags dieser «success fee» gelangt. Es deutet nichts darauf hin, dass die Anwendung der Regel, wonach er nach Abzug der Kosten die Hälfte davon behalten kann, unwahrscheinlich ist. Diskussionen unter den Partnern haben sich darauf bezogen, ob AA ein höherer Anteil an der "success fee" steht, als die üblichen 50%. Selbst wenn zwischen den ehemaligen Partnern und der neuen D AG Gespräche stattgefunden haben, die dazu führten, dass AA CHF 1'037'000 behalten konnte, hätte er seinen Anteil an der "success fee" im Jahr 2014 als Einkommen deklarieren müssen. Sein Anspruch auf mindestens die Hälfte erschien nicht von vornherein als unwahrscheinlich (E. 2.2).

Das BGr wies die Rüge auf Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) zurück. In der Sache erinnert das BGr daran, dass sowohl bei der direkten Bundessteuer als auch bei der Kantons- und Gemeindesteuer Einkommen als erzielt gilt, wenn dem Steuerpflichtigen eine Leistung zufliesst oder wenn er einen festen Anspruch erwirbt, über den er tatsächlich verfügen kann (vgl. BGE 129 II 1; BGE 113 Ib 23 E. 2e; Urteile 2C_683/2013 vom 13. Februar 2014 E. 6.4; 2C_941/2012 vom 9. November 2013) (E.2.5). Der Zeitpunkt der Einkommenserzielung kann nicht allein vom Willen des Steuerpflichtigen abhängen. Wäre dies der Fall, könnte der Steuerpflichtige nach seinen persönlichen Annehmlichkeiten selbst bestimmen, wann dieses Einkommen steuerbar ist (Urteil 2C_683/2013 vom 13. Februar 2014 E. 6.4 und Verweise) (E. 4).

Das BGr kommt zum Schluss, dass die Vorinstanz korrekt entschieden hat, dass der Betrag von CFH 1'037'000 aus der «Causa F» im Jahr 2014 zu versteuern ist. Tatsächlich hatte AA bereits im Jahr 2014 einen festen Anspruch, über den er tatsächlich verfügen konnte (E. 4).

Die Beschwerde wird folglich abgewiesen.

iusNet StR 21.12.2021