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Nachträgliche Änderung des Zolltarifs durch Oberzolldirektion

Nachträgliche Änderung des Zolltarifs durch Oberzolldirektion

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Stempelabgaben

Nachträgliche Änderung des Zolltarifs durch Oberzolldirektion

A-6248/2018

Der Zollpflichtige importiert Waren und meldet diese im Oktober 2017 im elektronischen Datenverarbeitungsverfahren als «Pellets aus Stroh/Spreu von Getreide, ohne Zusätze, lose, zu Futterzwecken» aus Deutschland mit einer bestimmten Tarifnummer an. Das Ergebnis der vom Zollcomputer durchgeführten Selektion der Deklaration lautete auf «frei ohne». Dennoch nahm die Zollstelle am selben Tag eine Beschau der Ware vor und entnahm ein Zeugen- und Warenmuster. Das Zeugenmuster wurde zwecks Tarifeinreihung an die Oberzolldirektion weitergeleitet. Basierend auf einem Prüfbericht des Zolllabors reihte die Oberzolldirektion das unterbreitete Muster unter eine andere Tarifnummer mit einem anderen Zollansatz. Die Zollstelle informierte die Zollpflichtige mit Schreiben vom 4. Mai 2018, dass die Waren nach einer anderen Tarifnummer zollpflichtig seien und ersuchte um eine Korrekturversion der Quittung. Nachdem innerhalb der gesetzten Frist durch die Zollpflichtige keine Korrekturversion übermittelt wurde, wandelte die Zollstelle die provisorische Einfuhrzollanmeldung in eine definitive um und änderte die Tarifnummer von Amtes wegen. Gegen die erwähnte Veranlagungsverfügung erhob die Zollpflichtige am 29. Mai 2018 Beschwerde (betitelt mit «Rekurs»), welche von der Zollkreisdirektion mit Beschwerdeentscheid abgewiesen und die Veranlagung bestätigt wurde. Mit Eingabe vom 1. November 2018 erhob die Zollpflichtige gegen den Beschwerdeentscheid der Zollkreisdirektion Beschwerde beim BVGr.

Das Zollverfahren ist vom Selbstdeklarationsprinzip bestimmt. Während des Veranlagungsverfahrens kann die Zollstelle die einmal angenommene Zollanmeldung und die Ware jederzeit überprüfen.

Jede Wareneinfuhr über die schweizerische Zollgrenze unterliegt grundsätzlich der Zollpflicht. Die Waren müssen nach dem ZG sowie nach dem Zolltarifgesetz veranlagt werden. Dabei sind alle Waren, die über die schweizerische Zollgrenze ein- und ausgeführt werden, nach dem Generaltarif zu verzollen (E 3.2).

Für die Tarifeinreihung massgebend ist die Art, Menge und Beschaffenheit der Ware zum Zeitpunkt, in dem sie unter Zollkontrolle gestellt worden ist (vgl. Art. 19 Abs. 1 Bst. a ZG). Auf den Verwendungszweck ist demgegenüber nur dann abzustellen, wenn dies in den einzelnen Tarifpositionen als Einreihungskriterium ausdrücklich festgehalten ist (E 3.4.5). Kommen für die Einreihung von Waren zwei oder mehr Nummern in Betracht, so ist wie folgt vorzugehen:

a) Die Nummer mit der genaueren Warenbezeichnung geht den Nummern mit allgemeinerer Warenbezeichnung vor.

b) Waren, die aus verschiedenen Stoffen oder Bestandteilen bestehen, werden nach dem Stoff oder Bestandteil eingereiht, der ihnen ihren wesentlichen Charakter verleiht.

c) Die Ware ist der in der Nummernfolge zuletzt genannten gleichermassen in Betracht kommenden Nummer zuzuweisen.

Die genannten Vorschriften sind in der aufgeführten Reihenfolge anzuwenden, das heisst, die Vorschrift der Ziff. b) ist nur dann anzuwenden, wenn die Vorschrift der Ziff. a) für die Einreihung keine Lösung gebracht hat usw. Die Vorschriften finden zudem nur Anwendung, wenn sie dem Wortlaut der Nummern und der Abschnitt- oder Kapitel-Anmerkungen nicht widersprechen (E 3.4.6).

Strittig ist vorliegend die Tarifierung der im Sachverhalt erwähnten Einfuhrsendung. Für die Tarifeinreihung ist nach der gesetzlich bzw. staatsvertraglich festgelegten Reihenfolge vorzugehen; demnach ist zunächst nur der Wortlaut des Tariftextes heranzuziehen, welcher anhand der einschlägigen Erläuterungen auszulegen ist. Dabei kommt das BVGr zum Schluss, dass es sich aufgrund der Erläuterungen zu den in Frage stehenden Zolltarifnummern nur um eine Einteilung in jene Nummer handeln, die die Vorinstanz ausgewählt hat (E 5.1.5).

Die Beschwerdeführerin macht zudem geltend, diese Waren seien von der gesamten Getreidehandelsbranche über Jahre hinweg unter der von ihr ursprünglich angegebenen Zolltarifnummer eingeführt worden; auch heute noch würden gewisse Zollstellen dies als korrekt betrachten. Das BVGr führt hierzu aus, dass aus einer zollrechtlichen Veranlagungsverfügung sich keine rechtsverbindlichen Schlüsse auf künftige Veranlagungen ziehen lassen, selbst wenn es um Waren der nämlichen Gattung ginge. Vorliegend stellen die bereits erlassenen Veranlagungsverfügungen und namentlich auch die in einem Fall vorgenommene Umtarifierung durch eine Zollstelle somit keine den Anspruch auf Vertrauensschutz vermittelnde Vertrauensgrundlage dar (E 5.2.2).

Demnach weist das BVGr die Beschwerde ab.

iusNet StR 24.02.2020