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Mehrwertsteuer - Steuerumgehung bei einer Flugzeugvermietung

Mehrwertsteuer - Steuerumgehung bei einer Flugzeugvermietung

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Mehrwertsteuer

Mehrwertsteuer - Steuerumgehung bei einer Flugzeugvermietung

A-5200/2018

Das Anlagevermögen der Beschwerdeführerin bestand aus einem Flugzeug, über welches sie ein «Operations Management Agreement» mit der C und ein «Aircraft Charter Agreement» mit der B abschloss. Das «Operations Mangement Agreement» sah den Betrieb des Flugzeugs durch die C vor und räumte dieser die Möglichkeit ein, das Flugzeug zur Durchführung von Flügen mit Dritten zu mieten. Allerdings stand der Beschwerdeführerin ein jederzeitiges Vorrangrecht für die Nutzung des Flugzeugs zu. Mit «Aircraft Charter Agreement» verpflichtete sich die Beschwerdeführerin gegenüber der B, auf Anfrage gegen Entgelt ihr Flugzeug inkl. Personal der C für Flüge zur Verfügung zu stellen. Der an der Beschwerdeführerin wirtschaftlich Berechtigte war gleichzeitig zudem auch der wirtschaftlich Berechtigte und gemäss Handelsregistereintrag auch einzel-zeichnungsberechtigter Verwaltungsratspräsident der B.

Zwischen 2006 (Import in die Schweiz) bis 2008 (Verkauf des Flugzeugs an die B) wurde das Flugzeug hauptsächlich für Flüge zu Gunsten von Personen, die dem wirtschaftlich Berechtigten nahestanden, verwendet. Die Beschwerdeführerin hatte in der Zeit zwischen 2006 und 2011 einen Vorsteuerüberhang in der Höhe von ca. CHF 2 Millionen. Die ESTV zahlte zunächst der Steuerpflichtigen das Vorsteuerguthaben, verweigerte die Auszahlungen der übrigen Guthaben. Im Jahr 2015 führte die ESTV eine Kontrolle bei der Beschwerdeführerin durch, durch die der Vorsteuerüberschuss erheblich reduziert wurde. Dies begründete die ESTV damit, dass von einer teilweisen Steuerumgehung auszugehen sei.

Das BVGr führ generell aus, dass steuerpflichtige Personen ihre wirtschaftlichen Verhältnisse grundsätzlich so gestalten können, wie sie ihnen steuerlich am günstigsten erscheinen. Diese freie Gestaltungsmöglichkeit findet ihre Grenze in dem aus dem verfassungsrechtlichen Verbot des Rechtsmissbrauchs abgeleiteten Instituts der Steuerumgehung (E 2.5).

Was die Beurteilung der gewählten Rechtsgestaltung betrifft, ist das Gewicht auf die völlige Unangemessenheit zu legen (E 2.5.2).

In seiner Rechtsprechung geht das BGr davon aus, dass das Halten eines Flugzeugs über eine Gesellschaft nicht in jedem Fall als ungewöhnlich im Sinne der Steuerumgehungstheorie angesehen werden kann. Anders ist aber die Situation zu beurteilen, wenn eine Gesellschaft in erster Linie dazu da ist, dem wirtschaftlich Berechtigten für dessen private Belange ein Flugzeug zur Verfügung zu stellen. Zwar liegt der Missbrauch in solchen Fällen nicht darin, dass für das Halten eines privat verwendeten Flugzeugs eine juristische Person gegründet wird. Missbräuchlich ist es jedoch, wenn mit einer solchen Gesellschaft überdies versucht wird, Steuern zu sparen (E 2.5.3).

Im Zusammenhang mit der Frage der Steuerumgehung bei den sog. Flugzeugfällen unterscheidet das BGr grob vier Fallkonstellationen:

  • Ausschliessliche (private) Eigennutzung des Flugzeugs (Fallgruppe 1);
  • Hauptsächliche Eigennutzung mit unerheblicher Drittnutzung (Fallgruppe 2);
  • Dauernde Zurverfügungstellung an wirtschaftlich Berechtigten, aber Erzielung erheblicher Drittumsätze (Fallgruppe 3);
  • Erhebliche Drittnutzung und untergeordnete Bedeutung der (Fallgruppe 4).

Das BGr hat hierbei festgestellt, dass für die Fallgruppen 1 und 2 die subjektive Steuerpflicht der Gesellschaft, die die Halterin des Flugzeugs ist, verneint wird. Entsprechend entfällt auch die Berechtigung zum Vorsteuerabzug (E 2.5.4). Mit anderen Worten stellt sich die Frage, ob Vorsteuerabzüge vorgenommen werden können, einzig in den Fallkonstellationen 3 und 4.

Im Sinne der Rechtsprechung kann sich die Steuerbehörde darauf beschränken darzulegen, dass bezogen auf die Gesellschaft, die Eigentümerin des Flugzeugs ist, keine wirtschaftlichen oder geschäftlichen Gründe für das Halten des Flugzeugs ersichtlich sind, woraus sich dann die natürliche Vermutung ergibt, dass das Flugzeug für private Zwecke des Aktionärs bzw. des wirtschaftlich Berechtigten und ihm Nahestehender verwendet wird.

Das BVGr prüft die oben zusammengefassten Voraussetzungen, um das Vorliegen einer Steuerumgehung feststellen zu können:

  • In Anbetracht des deutlichen Überwiegens der «Eigennutzung» gegenüber der «Drittnutzung» ist von einer ungewöhnlichen Rechtsgestaltung auszugehen (E 3.3.1.1).
  • Die gewählte Rechtsgestaltung wurde missbräuchlich lediglich deshalb getroffen, um Steuern einzusparen, die bei sachgemässer Ordnung der Verhältnisse geschuldet wären.
  • Es wurden effektiv steuern durch die Rechtsgestaltung gespart.

Insbesondere weist das BVGr daraufhin, dass sich der wirtschaftlich Berechtigte durch die konkrete Vertragsgestaltung ein faktisches Vorrangrecht auf die Nutzung des Flugzeugs ausbedungen hat. Es ist davon auszugehen, dass der wirtschaftlich Berechtigte das Flugzeug sich bzw. seinen Familienmitgliedern zur jederzeitigen Verfügung gehalten hat und die Nutzung durch den wirtschaftlich Berechtigten bzw. ihm nahestehende Personen von Anfang an beabsichtigt war (E 3.3.3.1). Zudem folgt das BVGr der ESTV, dass mit Blick auf das erwähnte faktische Vorrangrecht des wirtschaftlich Berechtigten auch eine umfangreichere Drittnutzung an der Annahme einer teilweisen Steuerumgehung noch nichts zu ändern vermöchte, zumal weder substantiiert dargelegt wird noch ersichtlich ist, dass die «Eigennutzung» bei günstigerer Marktlage nur noch untergeordnet gewesen oder weggefallen wäre (E 3.3.3.2).

Das BVGr hat demnach eine Steuerumgehung bejaht und die Beschwerde abgewiesen.

iusNet StR 24.09.2019