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Unverheirateter Wochenaufenthalter

Unverheirateter Wochenaufenthalter

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Direkte Steuern

Unverheirateter Wochenaufenthalter

2C_87/2019

A ist 1985 geboren, unverheiratet und registerrechtlich in der Gemeinde V. im Kt SG angemeldet. Seit Oktober 2003 ist er als Wochenaufenthalter in der Stadt Zürich registriert, wo er zusammen mit zwei weiteren Personen Hauptmieter einer 4.5-Zimmerwohnung ist. Seit November 2009 arbeitet er bei der B AG in W., AG und in X, GR mit einem Arbeitspensum von 80%.

Mit Vorentscheid beanspruchte das KStA ZH die Steuerhoheit ab dem 01.01.2015. Da Einsprache und Rekurs abgewiesen wurden gelangte A an das VGer ZH, welches die Beschwerde guthiess. Dagegen erhob das KStA ZH Beschwerde an das BGr in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten.

Strittig ist vorliegend, wo sich das Hauptsteuerdomizil von A ab dem 01.01.2015 befindet.

Nach ständiger Rechtsprechung des BGer gilt, als steuerrechtlicher Wohnsitz einer Person der Ort, an dem sich der Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen befindet (E. 3.2).

Dieser Ort bestimme sich nach der Gesamtheit der objektiven äusseren Umstände, aus denen sich diese Interessen erkennen lassen. Der steuerrechtliche Wohnsitz ist demzufolge nicht frei wählbar. Der Ort, an welchem die Schriften hinterlegt sind oder wo die politischen Rechte ausgeübt werden, spielt nicht eine entscheidende Rolle (E. 3.2.1).

Die bundesgerichtliche Praxis hat für steuerpflichtige Personen der Wochenaufenthalter typische Fallkonstellationen entwickelt: So werden bei verheirateten Person mit Beziehungen zu mehreren Orten, die im Erwerbsleben stehen, die persönlichen und familiären Kontakte zum Familienort regelmässig höher gewichtet als jene zum Arbeitsort. Dies trifft jedenfalls zu, soweit die betreffende Person unselbständig erwerbstätig ist und keine leitende Stellung einnimmt (vgl. BGE 132 I 29 E. 4.2). Diese Kriterien gelten grundsätzlich auch bei unverheirateten Personen, die sowohl zum Arbeits- als auch zum Familienort Beziehungen unterhält. Als Familie geltend diesfalls Eltern und Geschwister. Da die Bindung zur elterlichen Familie aber lockerer ausfällt als jene unter Ehegatten, stellt die Praxis erhöhte Anforderungen.

Die Beziehungen von unverheirateten Personen zum Arbeitsort treten praxisgemäss in den Vordergrund, wenn die Person das dreissigste Altersjahr überschritten hat und oder sich seit mehr als fünf Jahren ununterbrochen am selben auswärtigen Ort aufhält. Liegt zumindest eines der beiden Kriterien vor, begründet dies die natürliche Vermutung, der Lebensmittelpunkt befinde sich am Ort der Erwerbstätigkeit bzw. des Wochenaufenthalts.

Die Vermutung könne aber dadurch entkräftet werden, wenn unverheiratete Personen regelmässig, mindestens einmal pro Woche, an den Ort der Familie heimkehren, mit welcher sie besonders eng verbunden seien und wo sie andere persönliche und gesellschaftliche Beziehungen pflegen. Gelingt dieser Nachweis solcher familiärer, privater und gesellschaftlicheren Beziehungen zum Familienort, hat der andere Arbeits- bzw. Wochenaufenthalts-Kanton nachzuweisen, dass die Person die gewichtigeren Beziehungen zu diesem Ort unterhält (E. 3.2.2).

Nach Auffassung des VGr ZH sei es A gelungen, die enge Beziehung zu V. SG aufzuzeigen. A habe dort regelmässig drei Wochentage verbracht, da er jeweils freitags in der Filiale X seines Arbeitgebers gearbeitet habe. Seiner Mutter habe er für das Zimmer CHF 500 pro Monat bezahlt. Auch habe sich sein Auto in V. befunden. Zudem habe er in der Region seine zeitaufwendigen Freizeitaktivitäten (Fussballschiedsrichter, Tennisclub, Pistolenschützten, Offiziersgesellschaft etc.) ausgeübt (E. 4.1).

Das KStA ZH bringt dagegen vor, dass die Beziehung zu seiner Partnerin höher zu gewichten sei als jene zur elterlichen Familie. Das BGr hielt dagegen fest, dass A u.a. nachgewiesen habe, dass er einen wesentlichen Teil der Beziehung zu seiner Partnerin in V. gelebt habe (E. 5.1). Zudem erachtete das BGr den Schluss des KStA ZH als fraglich, welche aus einer vertraglichen Vereinbarung zwischen A und der Baugenossenschaft auf den faktischen Mittelpunkt des Lebensinteresses schliessen wollte (E. 5.2.1 und E. 5.2.2).

A. sei es trotz seines Alters und der Dauer seines Aufenthaltes in Zürich gelungen, die natürliche Vermutung zu entkräften, wonach sich der Lebensmittelpunkt am Ort seines Wochenaufenthalts befindet. A habe stichhaltig dargelegt, dass mit Blick auf die wöchentliche, dreitätige Rückkehr nach V. (SG), die enge familiäre Beziehung sowie die Freizeit- und Vereinsaktivitäten sein faktischer Mittelpunkt in V. lag. Dem KStA ZH gelingt es nicht, den gegenteiligen Nachweis zu erbringen.

iusNet StR 02.09.2019