iusNet Steuerrecht

Schulthess Logo

Steuerrecht > Rechtsprechung > Bund > Direkte Steuern > Internationale Verrechnungspreise

Internationale Verrechnungspreise

Internationale Verrechnungspreise

Rechtsprechung
Direkte Steuern

Internationale Verrechnungspreise

2C_343/2019

Die A SA ist eine Gesellschaft mit Sitz in Genf. Ihr Zweck umfasst "alle Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Geschäftsführung und Verwaltung von Trusts und Unternehmen, diesbezügliche Beratungen und Dienstleistungen". Sie hält 99 % der Anteile an A Ltd mit Sitz auf den Seychellen. A Ltd erbringt Dienstleistungen (Registrierung und Geschäftsführung von Unternehmen, Vertretung dieser Unternehmen gegenüber den Behörden der Seychellen, Koordinationsdienste) zugunsten von A SA im Rahmen eines Dienstleistungsvertrags vom 6. Februar 2009. Die Preise für diese Dienstleistungen sind in einer Liste im Anhang zum vorstehenden Vertrag festgelegt.

Die KStV GE führte auf Ebene der A SA Nachsteuerverfahren für die Steuerperioden 2011 und 2012 durch. In Anwendung der Kostenaufschlagsmethode (cost-plus Methode) wurde auf Ebene der A Ltd eine maximale Entschädigung von 5 % des Aufwands zugelassen. Der um 5 % des Aufwands gekürzte Gewinn der Tochtergesellschaft A Ltd wurde daher vollständig der Muttergesellschaft A SA zugerechnet. Diese Steuerveranlagungen wurden mit den Einspracheentcheiden vom 8. Februar 2016 aufrechterhalten.

Nachdem die A SA mit ihrem Rekurs vor dem VGr GE erster Instanz (TAPI) erfolgreich war, danach jedoch vor dem VGr GE unterlag, reichte sie Beschwerde beim BGr ein. Sie beantragt die Aufhebung des Urteils des VGr GE und die Bestätigung des Urteils des VGr GE erster Instanz (TAPI).

Das BGr erinnert daran, dass der Bund und die Kantone, abgesehen von Art. 58 Abs. 3 DBG (für einen aktuellen Anwendungsfall siehe Urteil 2C_495/2017 vom 27. Mai 2019) keine gesetzlichen Regelungen zur Bestimmung der Verrechnungspreise erlassen haben. Die Steuerbehörden haben sich daher auf den Begriff des geschäftsmässig nicht begründeten Aufwands und denjenigen der geldwerten Leistung nach Art. 58 Abs. 1 lit. b DBG sowie auf die Empfehlungen der OECD zu stützen.

Das BGr verweist diesbezüglich ausführlich auf die publizierten "OECD-Verrechnungspreisleitlinien für multinationale Unternehmen und Steuerverwaltungen", die vom Steuerausschuss der OECD regelmäßig aktualisiert werden. Diese Leitlinien implementieren und verdeutlichen Art. 9 OECD-MA.

Im Wesentlichen zielen die OECD Verrechnungspreisleitlinien 2010 - die im vorliegenden Fall aufgrund der streitigen Steuerperioden anwendbar sind – darauf ab, die Einheiten eines multinationalen Unternehmens als eigenständige Einheiten zu behandeln. Dieser Ansatz ermöglicht es, den Schwerpunkt der Analyse auf (i) die Art der Transaktionen und (ii) die Frage, ob sich die Bedingungen kontrollierter Transaktionen von denen unterscheiden, die für vergleichbare Transaktionen auf dem freien Markt gelten würden ("Vergleichbarkeitsanalyse"), zu legen. Die OECD Leitlinien 2010 erwähnen die folgenden fünf Vergleichsfaktoren: (i) die Eigenschaften der Wirtschaftsgüter oder Dienstleistungen, (ii) die von den Parteien wahrgenommenen Funktionen (unter Berücksichtigung der eingesetzten Vermögenswerte und der übernommenen Risiken), (iii) die Vertragsbedingungen, (iv) die wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien sowie (v) die Geschäftsstrategien, die sie verfolgen. Mangels vergleichbarer Transaktionen erfolgt die Ermittlung des Fremdvergleichspreises nach anderen Methoden, beispielsweise der Kostenaufschlagsmethode (cost-plus Methode, siehe Urteil 2C_11/2018 vom 10. Dezember 2018) (E. 4.6).

Das BGr erinnert zudem an die geltenden Regeln für die Beweislastverteilung im Bereich der geldwerten Leistungen. Obliegt die Beweislast in erster Linie der Steuerbehörde, erfolgt eine Umkehr der Beweislast, wenn die Steuerbehörde ausreichende Indizien dafür erbringt, um ein Missverhältnis zwischen der erbrachten Dienstleistung und der erhaltenen Gegenleistung aufzudecken (vgl. Urteil 2C_1157/2016 vom 2. November 2017) (E. 5.2).

Im vorliegenden Fall ist das BGr der Ansicht, dass ausreichende Indizien dafür vorlagen, um festzustellen, dass der Preis für die von A Ltd erbrachten Dienstleistungen unverhältnismäßig war. Das BGr hebt insbesondere die Asymmetrie zwischen den aufeinanderfolgenden Verlusten der A SA und allen ihr obliegenden Aufgaben und Aufwendungen hervor, währenddessen die A Ltd nur Dienstleistungen von geringfügigem Mehrwert erbrachte. Unter diesen Umständen wurde die Beweislast umgekehrt, weshalb die A SA nachweisen musste, dass die Kosten der relevanten Dienstleistungen geschäftsmässig begründet waren (E. 6.1).

Das BGr weist ferner darauf hin, dass die von der A SA geltend gemachte Methode vergleichbarer Transaktionen auf dem Markt ("Vergleichbarkeitsanalyse") einer doppelten Überprüfung bedarf. Diese Überprüfung umfasst die Analyse mittels der fünf Vergleichbarkeitsfaktoren, die sich auf (i) die kontrollierten Transaktionen der Steuerpflichtigen und (ii) vergleichbare Transaktionen auf dem freien Markt auswirken. Im vorliegenden Fall erlauben es die von der A SA vorgelegten Unterlagen (Auszüge von Internetseiten, welche die von ihren Wettbewerbern in Rechnung gestellten Preise zeigen) nicht, sich zu vergewissern, dass es sich um Transaktionen des freien Marktes handelt, welche mit denjenigen Transaktionen zwischen der A SA und der A Ltd vergleichbar sind. Dementsprechend kann die A SA aus der Vergleichbarkeitsanalyse nichts ableiten, um nachzuweisen, dass die von ihrer Tochtergesellschaft A Ltd in Rechnung gestellten Preise geschäftsmässig begründet waren (E. 6.2).

Folglich gelangt das BGr zur Auffassung, dass das VGr GE nicht gegen Art. 58 Abs. 1 lit. b DBG verstoßen hat, indem es den Entscheid der KStV GE betreffend die Anwendung der Kostenaufschlagsmethode bestätigte, welche im Übrigen von den OECD Leitlinien 2010 für gruppeninterne Dienstleistungen empfohlen wird. Die Beschwerde der A SA wird somit abgewiesen (E. 6.2).

iusNet StR 23.12.2019